Wertschöpfungsstrategien - Abschottung oder Öffnung?

Das klassische Managementdenken geht im Rahmen der Planung von Wertschöpfungsstrategien von der Notwendigkeit der Abschottung der eigenen unternehmerischen Fähigkeiten aus. Demnach haben diejenigen Unternehmen Erfolg, die ihre häufig aus Technologien, Patenten, Produkten, Know-how oder sonstige Fähigkeiten resultierenden Wettbewerbsvorteile möglichst lange vor Nachahmung durch Konkurrenten sichern. Unter gewissen Voraussetzungen kann es jedoch sinnvoll sein, bei - einigen - Wertschöpfungsprozessen genau den umgekehrten Weg zu gehen und eine kontrollierte Öffnungsstrategie zur Beteiligung von Dritten im eigenen Wertschöpfungsprozeß zu verfolgen.

 
Ein Paradebeispiel für derartige Öffnungsstrategien ist Alphabet mit seiner weltweit führenden Suchmaschine Google und verwandter Services.
Oberstes Ziel des Internetgiganten ist es, immer neue Möglichkeiten für kostenpflichtige kontextbasierte Werbeanzeigen zu schaffen. Hierfür werden selektiv Informationen und Technologien mit anderen Unternehmen und Anwendern geteilt. So ist es z. B. möglich, die Google-Maps-Suche in eigenen Websites und Portalen zu integrieren. Auch das mobile Betriebssystem Android wurde komplett geöffnet und findet sich mittlerweile in vielen Smartphones als mengenmäßig dominierende Konkurrenz zu Apple. Hingegen wird Alphabet Inc. vermutlich selber niemals den exakten Algorithmus veröffentlichen, wonach seine Suchmaschine die Platzierungen bei den Suchergebnissen vornimmt.

 

Öffnungsstrategien in 5 Schritten

 

Die beiden zentralen Parameter bei der Öffnung eigener Wertschöpfungsprozesse sind „Zugriff“ (für wen geöffnet?) und „Kontrolle“ (wer legt Nutzungsbedingungen fest, wer gewährt und entzieht Zugriffe?). Detlef Schoder und Steffen Muhle empfehlen in erweiterter Form ein Vorgehen in fünf Schritten:

  1. Ressourcenwahl: Es sollten nur die Wertschöpfungsprozesse geöffnet werden, die die eigenen Kernkompetenzen stärken.
  2. Öffnungsmethode: Geöffnet werden können Wissen, Standards und Schnittstellen, die Dritten die Nutzung erleichtern und Weiterentwicklungen ermöglichen (z. B. Integration von Spielen bei Facebook).
  3. Partnermotivation: Zu Beginn der Öffnung müssen die richtigen Wertschöpfungspartner angesprochen und motiviert werden. Dritte nutzen geöffnete Ressourcen nur dann, wenn sie Wert schaffen, einfach zu bedienen sind und auch sozial motivieren (z. B. durch Mitgliedschaft in einer Experten-Community, die gemeinsame Werte und Qualitätsstandards teilt).
  4. Erlösmaximierung: Die Öffnung eigener Ressourcen muss sich auch finanziell lohnen, weil z. B. das eigene Kerngeschäft ausgebaut wird oder Zusatzerlöse durch die Integration von Drittangeboten erzielt werden (z. B. Spiele, Apps).
  5. Vorteilssicherung: Die Community rund um eine geöffnete Ressource ist dynamisch. Veränderungen müssen daher wie bei einem Seismographen ständig beobachtet werden, um frühzeitig gegensteuern zu können.

 

Die an den Beispielen einiger Weltmarktführer beschriebene Öffnungsstrategie zur Vermarktung der eigenen Wertschöpfungen klingt zunächst plausibel. Als generelle Strategie wird sie jedoch nicht für alle Branchen und insbesondere nicht für jedes kleine und mittelständische Unternehmen ratsam sein: Denn je spezifischer die Existenz eines Unternehmens von der eigenen Wertschöpfung abhängt, desto eher wird es zur Abschottung anstelle einer Öffnung kommen.

 

Gerade in mittelständischen Unternehmen, welche eben keine üppigen finanziellen Reserven wie Weltmarktführer zur Steuerung der Öffnungsstrategie aufweisen, wird sinnvoller Weise der wertschöpfende Kern zur eigenen unternehmerischen Existenz vor dem Abkupfern durch die Konkurrenz (vgl. den Beitrag zum Benchmarking) weiterhin zu schützen sein.

 

Allerdings stellen Öffnungsstrategien zumindest eine Erweiterung der strategischen Denkmuster dar. Gerne bin ich Ihnen bei der Formulierung von Wertschöpfungsstrategien für Ihr Unternehmen behilflich, vereinbaren Sie dazu bitte über das Kontaktformular einen Termin für das kostenfreie Erstgespräch.

 

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